Neben aufregenden Charakteren und einem durchdachten, spannenden Plot sind Dialoge das Salz in der Suppe unseres Romans.
Und wie im wahren Leben auch sollten sich die Stimmen verschiedener Charaktere voneinander unterscheiden, sodass der Leser im besten Fall nach einigen Seiten auch ohne Erklärung sofort weiß, wer gerade spricht. Wie kann ein Lektorat für Ihren Roman dabei helfen, die Dialoge noch besser zu machen?
Wer Menschen beim Reden zuhört, stellt schnell fest, dass die wenigsten in grammatikalisch korrekten, rhetorisch geschliffenen Sätzen miteinander reden. Gelebte wörtliche Rede besteht zumeist sogar eher aus Halbsätzen, aus einzelnen Worten, aus Äh und Ähm … Sie wissen schon. Natürlich kann man einen solchen Dialog nicht in einem Roman aufschreiben. Die meisten Leser wären davon wohl eher genervt. Dennoch sollte sich die wörtliche Rede der Figuren vom sonstigen Text unterscheiden und weniger ausgefeilt und „perfekt“ daherkommen.
Jeder Autor hat wie jeder andere Mensch auch seinen ganz eigenen Sprachstil, und auch seinen eigenen Stil, wenn es um das Reden geht. In der Regel findet sich dieser Stil auch im Roman wieder, und daran ist erst mal nichts auszusetzen. Schwierig wird es dann, wenn die Stimme des Autors die Stimmen der Charaktere übertönt oder diese sogar gar nicht richtig zu Wort kommen.
Wenn man als Autor oder Autorin mehrere Monate mit seinen Figuren verbracht hat, fangen diese oftmals an, mit einem zu reden. Wenn Sie gerade einen Roman geschrieben haben, wissen Sie vermutlich, wovon ich rede 😉 Und das ist kein Zeichen dafür, dass Sie kurz davor sind, verrückt zu werden, sondern ein Zeichen dafür, dass Ihre Charaktere besonders gut gelungen sind und anfangen, in Ihnen zu leben.
Lassen Sie sie das auch in den Dialogen tun. Geben Sie jedem Charakter eine eigene Stimme, die ihn unverkennbar macht. Der Sprachstil einer Figur charakterisiert diese sogar mit nur wenigen Worten, was unserem Leitsatz vom „Show, don’t tell“ natürlich sehr entgegenkommt. Ein Beispiel:
„Sind die Einladungen an unsere Gäste bereits auf dem Postweg, Miss Miller?“
„Was? Hast du die Einladungsdinger noch gar nicht losgeschickt oder was, du Penner?“
Beide Aussagen haben nahezu denselben Inhalt, werden aber mit völlig unterschiedlichen Stimmen gesprochen. Und wenn man die Dialoge liest, hat man von beiden Sprechern unweigerlich eine gewisse Vorstellung (Sprecher 1 wirkt höflich-distanziert, vielleicht sogar distinguiert, und gebildet. Sprecher 2 wirkt jünger, lässiger, sicherlich auch weniger gebildet).
So in etwa schaffen Sie es, Ihre Figuren auch durch deren Sprache zu charakterisieren. Mit jedem Satz, den diese von sich geben, ein wenig mehr.
Sicherlich kennen Sie auch Menschen, die gewisse „Ticks“ haben beim Sprechen. Manche fügen vielleicht an jeden zweiten Satz ein „Weißt du, was ich meine?“ an. Andere machen lange Pausen, überlegen lange, bevor sie reden. Einige fassen sich kurz und knapp und sprechen nicht mehr als nötig, während andere so wirken, als würden sie beim Reden erst nachdenken über das, was sie gerade von sich geben (oder auch nicht). Einige sprechen ruhig und bestimmt, andere fahren sich zwischendurch durch die Haare, kratzen sich im Gesicht, kneten ihre Hände, treten von einem Fuß auf den anderen … auch die „Zwischentöne“ im Dialog können charakterisieren sowie Spannung aufbauen oder Konflikte an den Tag bringen. Der sogenannte „Subtext“ im Dialog – Dinge, die nicht ausgesprochen werden, aber in der Rede unterschwellig mitklingen – macht diesen erst spannend für den Leser.
Eine kleine Übung: Achten Sie bei Gesprächen mit anderen vermehrt auf den „Subtext“. Die meisten Menschen sagen unausgesprochen sehr viel mehr, als sie tatsächlich aussprechen. Wie können Sie diesen unausgesprochenen Subtext für spannende Dialoge nutzen, indem Sie dem Leser subtil mitteilen, dass sich hinter dem gesprochenen Wort noch etwas ganz anderes befindet? Vielleicht ein Konflikt? Eine verborgene Zuneigung? Alte Rachegelüste?
Auch Dialekte oder regionale Einfärbungen können helfen, eine Figur mit Hilfe ihrer Sprache zu charakterisieren. Gehen Sie damit aber lieber vorsichtig um und beschränken Sie sich dabei eher auf Nebenfiguren. Ein Kommissar, der den ganzen Krimi über sächselt, ist für viele Leser sicherlich eher schwer zu verdauen 😉
Im Lektorat für Romane achte ich natürlich vor allem auf Ihre Dialoge. Wirken diese authentisch, nach echter wörtlicher Rede? Oder sind sie zu geschliffen? Passt die Stimme zu den Charakteren und dazu, wie sie bislang vorgestellt wurden? Sind die Dialoge spannend? Enthalten sie Konflikte, Charakterisierung oder treiben sie die Handlung voran? Manche Dialoge sind bedingt zur Informationsvermittlung geeignet, doch auch damit sollte man sparsam umgehen. Insbesondere muss es sich um authentische Informationsvermittlung handeln. Ein gern gemachter „Fehler“ ist es, dass eine Figur einer anderen etwas sagt, um dem Leser eine Information zu vermitteln, obwohl die andere Figur diese Information längst haben müsste. Das fällt dem Leser auf, er sieht, dass der Dialog nur dem einen Zweck dient – ihm, dem Leser, eine Information zu übermitteln.
Beim Lektorat achte ich auf all diese Feinheiten und merke an, wenn ein Dialog keinen der oben genannten Zwecke erfüllt. In dem Fall sollte er entweder gestrichen oder entsprechend ausgebaut werden, sodass er am Ende einen Sinn ergibt, nicht langweilig wirkt und eine klare Daseinsberechtigung hat.
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