Achtsamkeit ist ein Modebegriff geworden und seit einiger Zeit in aller Munde. Viele Menschen streben danach und erhoffen sich davon innere Ruhe, Frieden und mehr Gelassenheit.
Doch was genau ist Achtsamkeit eigentlich? Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Buddhismus und wird häufig verwendet, um eine Geisteshaltung zu beschreiben, die sich auf den Moment, auf die aktuelle Situation, fokussiert. „Im Moment sein“ ist ein guter umschreibender Ausdruck dafür.
Insbesondere die fortschreitende Digitalisierung, vor allem durch Smartphones, hat viele von uns von diesem ursprünglichen Seins-Zustand entfernt. Allzu oft tippt man auf dem Handy herum, liest oder beantwortet Nachrichten, sucht bei Google nach etwas oder surft bei Facebook oder in Onlineshops. Dabei tritt man aus dem aktuellen Moment heraus und nimmt seine Umwelt kaum noch wahr (wir alle kennen diese Menschen, die mit der Nase im Handy über die Straße laufen. Bei roter Ampel 😉
Doch besonders für Autoren ist Achtsamkeit nicht nur ein Trend, sondern sollte zu einer Lebensphilosophie werden. Denn beim Beschreiben von Situationen, Umgebungen oder Atmosphäre ist es wichtig, Kleinigkeiten zu erwähnen, die vielen Menschen normalerweise vielleicht nicht oder nur am Rande auffallen würden. Sie machen den Text erst lebendig und lassen den Leser mitfühlen und mitleben.
Um solche lebhaften Momente in einem Text unterbringen zu können, muss man sie aber zunächst einmal wahrnehmen. Und das gelingt nur, wenn man sich auf die Kleinigkeiten des erlebten Momentes konzentrieren kann und diese mit allen Sinnen in sich aufnimmt. Üben kann man dies täglich, mehrmals am Tag. Im ganz normalen Alltag.
Wenn Sie das nächste Mal einen Kaffee trinken, ignorieren Sie Ihr Handy, den Fernseher, das Radio und alles andere und fokussieren Sie sich allein auf das Erleben. Atmen Sie den Duft tief ein. Wonach riecht der Kaffee? Wie schmeckt er? Wie fühlt sich die warme oder gar heiße Tasse in den Händen an? Wie fühlt sich der erste Schluck an, wie dagegen der zweite und dritte? Kribbelt der Milchschaum auf der Oberlippe? Wie fühlen Sie sich beim Trinken? Genießen Sie den Kaffee noch, seine wärmende und belebende Wirkung? Oder stürzen Sie ihn eher nebenbei runter?
Oder beim Spaziergang – ignorieren Sie auch hier das Handy und andere Ablenkungen und versuchen Sie, Ihre Umgebung um Sie herum bewusst wahrzunehmen und sich darauf zu fokussieren. Schalten Sie alle anderen Gedanken ab und konzentrieren Sie sich auf das, was Sie sehen, hören, riechen – und vor allem fühlen.
Wie fühlen Sie sich beim Anblick einer blühenden Wiese? Angesichts eines Eichhörnchens, das Ihren Weg kreuzt? Wie riecht frisch gemähter Rasen, wie klingt ein plätschernder Bach am Wegesrand? Wie fühlt sich die Luft im Gesicht und an den Händen an, an einem lauen Sommermorgen oder an einem eisigen Winterabend? Wie fühlt sich der Nieselregen auf der Haut an, wie sieht der kondensierte Atem vor Ihnen aus?
Seien Sie achtsam und nehmen Sie Ihre Umgebung, vor allem aber sich selbst wahr, Ihre Gefühle, Ihre Empfindungen, Ihre körperlichen Reaktionen. Wie fühlt es sich an, vor Anstrengung zu schwitzen? Vor Kälte zu zittern? Vor Hunger Magenschmerzen zu verspüren? Auch die negativen Emotionen, die wir allzu gern verdrängen, sind wichtig, denn auch sie finden hier und da sicherlich Einzug in Ihre Texte. Und für den Leser liest sich „Sie spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich“ aufregender als „Sie war geschockt“.
Merken Sie sich all Ihre Empfindungen, oder schreiben Sie auf, was Ihnen besonders auffällt. Sie werden es für den einen oder anderen Roman sicherlich brauchen können. Solche Übungen der Achtsamkeit sind wesentlich für kreatives Schreiben, deshalb sollte man sich angewöhnen, so viele Momente wie möglich so bewusst zu erleben und abzuspeichern.
Des Weiteren rate ich allen AutorInnen, sich so oft wie möglich Gedanken über Gefühle und Empfindungen zu machen und diese mitsamt der zugehörigen körperlichen Reaktionen zu notieren. Als kleine Übung können Sie mal überlegen, welche körperlichen Reaktionen Ihnen für einen bestimmten Gefühlszustand einfallen, zum Beispiel für das Gefühl Angst.
Ich schwitze. Mein Herz rast. Mein Puls rauscht mir in den Ohren. Ich schlucke. Meine Hände werden feucht. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Meine Beine zappeln. Mein Puls steigt. Ein Knoten bildet sich in meiner Brust. Mein Magen verdreht sich. Mein Auge zuckt. Ich knete meine Hände. Mir wird heiß. …
Fallen Ihnen noch mehr ein? Schreiben Sie sie auf und verwenden Sie sie (sparsam), wenn Sie beim nächsten Mal eine Ihrer Figuren Angst verspüren lassen wollen. Die Leser werden es Ihnen „mitfühlend“ danken …
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