Show, don’t tell

Show, don’t tell

Ein beliebtes Schlagwort für viele Romanautoren ist das berühmte „Show, don’t tell“. Aber was ist damit eigentlich genau gemeint? Zeigen, nicht erzählen, so lässt sich der Satz übersetzen. Es handelt sich hier um ein belletristisches Stilmittel,

Im Lektorat für Romane zeige ich Ihnen, wie Sie Ihren Text lebendiger und bildhafter machen können, indem Sie dieses einfache Prinzip anwenden. Hier habe zur Erklärung ein paar Beispiele aus meinem Lektorat für Sie aufbereitet, damit Sie verstehen, worum es geht.

Beispiel aus dem Lektorat für RomaneShow, don’t tell

„Er war bestimmt 1,90 m groß.“

Das ist eine simple Beschreibung, die dem Leser zwar eine Information über die Größe des Mannes gibt, aber kein lebendiges Bild vor seinen Augen entstehen lässt. Dies sollte aber in einem guten Roman der Fall sein, das berühmte „Kopfkino“ möchte angekurbelt werden. Und dazu müssen wir dem Leser Bilder in den Kopf zaubern, zum Beispiel so:

„Er musste den Kopf einziehen, als er durch die Tür trat.“

Die Aussage in diesem Satz ist identisch mit der Aussage zuvor, aber haben Sie es beim Lesen selbst gemerkt, was der zweite Satz mit Ihnen macht?

Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf die Schilderung von Emotionen. Dieser Satz:

„Sie hatte Angst.“

ist eine Beschreibung, eine Aussage. Ich kann als Leser etwas damit anfangen, weil ich nun weiß, wie sich die Protagonistin fühlt. Aber fühle ich auch mit? Wird die Angst greifbar, lebendig? Eher nicht. So ist es besser:

„Ihr Herz fing an zu rasen. Ihre Hände wurden schweißnass, und ihre Beine zitterten.“

Muss ich hier noch erwähnen, dass sie Angst hat? Eher nicht. Diese Schlussfolgerung kann man getrost dem Leser überlassen, zumal es sich auch aus dem Kontext ergeben wird. Eine solche Schilderung ist sehr viel lebendiger und lebhafter und lässt Bilder entstehen, was im Vergleich dazu die nackte Beschreibung der Tatsache an sich kaum schaffen kann.

Noch ein Beispiel:

„Eine schöne Blumenwiese erstreckte sich vor seinen Augen.“

Je nach Phantasiebegabung des Lesers hat er nun eine „schöne Blumenwiese“ vor Augen. Oder eben auch nicht. Wir können dem Leser auf die Sprünge helfen, indem wir die Blumenweise nicht einfach nur beschreiben, sondern sie ihm zeigen. Zum Beispiel so:

„Violette Flockenblumen und gelber Hornklee bogen sich in der sanften Brise. Er atmete den Duft nach Gras und Blumen tief ein und schloss für einen Moment die Augen.“

Adjektive wie schön, groß, klein, böse, herrlich usw. sind wertend, aber auch sehr simpel. Man kann sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen. Im zweiten Satz wird die Wiese zum einen deutlicher geschildert, zum anderen wird beschrieben, was der Anblick mit ihm macht. Und schon kann der Leser mitfühlen und es sich besser vorstellen.

Ein weiteres Beispiel, das gerne verwendet wird, ist die Beschreibung von Umständen. Zum Beispiel:

„Es war ein regnerischer, kalter Tag.“

Das ist eine klare Aussage, die jedoch leider keine Bilder erzeugt. Stattdessen könnte man es auch so formulieren:

„Sie zog fröstelnd die Jacke enger über ihren Brüsten zusammen, als auch schon die ersten Tropfen ihr Gesicht erreichten.“

Oder:

„Das Gebäude sah beängstigend aus.“

Klingt so besser:

„Wie aufgerissene Münder klafften die scheibenlosen Fenster in der düsteren Ruine, deren Mauern so hoch waren, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um bis zur oberen Etage schauen zu können.“

Für Show, don’t tell gibt es unzählige Beispiele. Im Grunde lässt sich das in jedem Roman verbessern, Potenzial dafür ist jedenfalls meiner Erfahrung nach immer vorhanden. Im Lektorat für Romane achte ich auf solche Dinge und mache Vorschläge, wenn ich der Meinung bin, dass ein Satz/Absatz mehr Show und weniger Tell benötigt, um den Leser wirklich fesseln zu können.

Um Show, don’t tell zu üben, helfen Achtsamkeitsübungen im Alltag. Ich werde in einem nächsten Blogartikel darüber schreiben, wie man speziell als Autor*in achtsam durch den Tag geht und dabei ganz nebenbei Inspiration und Kunstgriffe für das Schreiben findet. 

 

 

 

 

 

 

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